Delhi

Das India-Gate
Ich muss sagen, Delhi ist nicht gerade meine Lieblingsstadt geworden. Eigentlich erstaunlich, dass ein Schweizer aus den Bergen im indischen Delhi beinahe erfriert. Aber das habe ich nun davon, dass ich nicht die passenden Kleider mitgenommen habe. In Indien gibt es natürlich nirgendwo Heizungen. Als ich gestern Abend gesehen habe, dass in Delhi wohl Tausende mit dünnen Decken draussen auf dem Trottoir übernachten, war mir mein Gejammer schon fast ein wenig peinlich. Nachdem ich euch das letzte Mal geschrieben habe verbrachte ich noch einen weiteren unangenehmen Tag. Im Indian Council for Medical Research wurde ich beschimpft, dass ich ein Verbrechen beginge, wenn ich ohne Genehmigung der indischen Regierung Interviews zu wissenschaftlichen Zwecken durchführe. Anschliessend liess mich die Direktorin des ICMR mehr als zwei Stunden in ihrem Büro warten, bis ich mit ihr sprechen konnte.
Der letzte Tag in Delhi verlief etwas besser. Da ich erst am Nachmittag ein Interview mit jemandem vom Ministry for Chemicals and Fertilizer hatte, war ich am Vormittag frei. Ich ging also in die Stadt und schaute mir das India Gate an und habe da noch etwas Dummes gemacht. **schäm**: Wie ein doofer Tourist habe ich mich dazu überreden lassen, ein Flötenspieler mit Schlange zu fotographieren und dem Spieler einige Rupien dafür zu bezahlen. Hmm, das war wohl nicht zum Wohl der Schlange. Eigentlich hätte ich gedacht, ich wäre langsam gegen Touristen-Aufschwatzer immun.

Ein Flötenspieler mit Schlange
Dann besuchte ich das National Museum of Modern Art, was mich auch nicht total überzeugt hat. Ich rief den pensionierten Dr. Sriramachari von ICMR an und bat um ein Interview. Er sagte er sein den ganzen Tag „busy“, ausser ich komme augenblicklich zu seiner Privatwohnung. Ich sagte zu. Dummerweise befand ich mich gerade am andern Ende von der 12-Mio-Stadt und ich hatte die Adresse trotz mehrmaligem nachfragen nicht richtig verstanden. Alles was ich verstand was A2 (oder so ähnlich) und dass es in der Nähe von meinem Ashram sei. Ich rannte also aus dem Museum zu der nächsten Bushaltestelle und schnappte mir einen Bus, was in Delhi auch nicht ganz einfach ist. In Delhi hat es ca 800 Buslinien und du musst irgendwie herausfinden, welche derjenige ist, den du brauchst. Angeschrieben ist nämlich gar nichts. Und dann musst du wenn der Bus kommt wild winken und wenn er abbremst auf den fahrenden Bus aufspringen. Wenn du dann drin bist und aufdringlich genug, dann kannst du noch versuchen einen Sitzplatz zu erobern. Freundlicherweise ist überall noch folgendes angeschrieben: “Please check the space under your seat, there might be a bomb. If yes, call the alarm.” Das ist ja beruhigend.
Jedenfalls hatte ich glücklicherweise den richtigen Bus erwischt und fuhr in Richtung Ashram. Als ich ausstieg sah ich gerade vor mir einen grossen Block der mit A2 angeschrieben ist. Ich hatte es also gefunden. Mein Glück hatte mich noch nicht ganz verlassen.
Ich hatte also schlussendlich doch immerhin 5 Interviews gemacht, bevor ich mich wieder in den Bhopal-Express setzte.
P.S. Als ich meinen Rucksack packte, hörte ich auf einmal eine Stimme aus meinem Rucksack! Huch! Mein Rucksack kann sprechen! Eine tiefe männliche Stimme und er sprach sogar Hindi – ich verstand also kein Wort.
Nach einer Sekunde der Verblüffung begriff ich, ich hatte unten in meinem Rucksack einen Reserve-Audiorecorder und beim Packen hatte das Gewicht auf die Play-Taste gedrückt. ;-)
matthiasstucki - 7. Jan, 11:43